Fred

Kein Dach. Kein Raum. Kein Rückzugsort. Unerhört, weil wir weghören. Ungesehen, weil wir wegschauen. Weil wir froh sind, verschont worden zu sein. Zufällig. Noch. Das CVJM Essen Sozialwerk bietet Dach, gibt Raum, verleiht eine Stimme, schaut nicht weg. Zum Beispiel mit dem Gustav-Heinemann-Haus, das von Obdachlosigkeit bedrohten Männern Unterkunft und Unterstützung bietet.

Anfang 2019 habe ich mehrere Schreibworkshoptage mit den Bewohnern durchgeführt. Im November und Dezember 2019 dann leitete ich einen Workshop der besonderen Art. Dreimal traf ich mich mit Bewohnern. Statt selbst zu schreiben, gaben sie mir Ideen und Schreibaufträge mit auf den Weg. Wir sprachen über Wohnungslosigkeit, Toleranz, Vorurteile, Hoffnung und Augenhöhe. Und sie gaben mir verschiedene Vorgaben mit auf den Weg. Namen von Protagonist:innen, Gegenstände, Sätze. Jeweils eine Woche hatte ich von Termin zu Termin Zeit, um die Ideen und Aufträge in Teile einer Erzählung umzuwandeln. Sie handelt vom obdachlosen Fred, von der Passantin Daisy Sonnenschein und einer Taube namens Waltraud.

2020 hatte ich aus dieser Erzählung eine wunderschöne Lesung im Café Tria des CVJM Essen Sozialwerk. Meine letzte Lesung vor dem großen Lockdown.